Der braune Stuhl im Plattenhaus

Es ist das daumendicke Loch in der Sitzfläche des Stuhles, das mir eine Kerbe im Gedächtnis hinterlassen hat.
Richtig kalter Winter und kaum Holz zum Heizen. Das wenige Brennholz, das sich auftreiben ließ, wurde in der Küche zersägt und gespalten. Als Sägebock mußte der Stuhl von Oma herhalten.
Ein orkanartiger Sturm hatte für reichlich Bruchholz im nahen Wald gesorgt. Wir hatten eine Fichte nach Hause geschleppt und waren nicht dabei erwischt worden, denn Holz aus dem Wald zu holen, war verboten.
Nun zurück in die Küche: Den Fichtenstamm konnte man mit einem Knie gegen die Stuhllehne drücken und dann mit der stumpfen Säge das nasse Holz in handgerechte Stücke zergniedeln. Immer wieder fraß sich die Bügelsäge fest, weil sie schief gehalten wurde, weil das Holz zu frisch war, weil, wenn zwei sägten, der eine nach links und der andere nach rechts verkanntete. Und dabei geschah es dann:
Der Stamm drehte sich um seine eigene Achse, und ein Ast fuhr mit trockenem „Knacks“ in die Sperrholzsitzfläche. Ein sauberes Loch. Mein Daumen paßte hindurch.
Im Plattenhaus hatte damals jeder seinen eigenen Stuhl. Ich weiß nicht mehr, wie meiner ausgesehen hatte. Sie waren alle verschieden… oder habe ich auf der Couch gesessen?
Egal… doch den braunen Stuhl von Oma, mit dem kreisrunden Loch in der Sitzfläche, den sehe ich vor mir, als könnte ich ihn vom Boden holen und ihn unseren Kindern zeigen.

Werbung

About meinkerbholz

ein oller Rentner, der sich darüber freut, wenn sein Geschreibe hier gelesen wird.
Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s